Gestern zum Thema "Freiheit" in der Gruppe der "sogenannten" Systemsprenger!!!!

18.04.2023 17:14
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Freiheit – Was ist sie für uns und was bedeutet sie für uns?

Eine Gedankensammlung des BPE-Kulturnetzwerks, Zoom-Sitzung, 17.04.2023, 15.00-17.20 Uhr:

Fragen und Antworten

1) Was verstehen wir unter unserer Freiheit?
a. Sich z.B. ohne Partner/Familie im Freiraum BPE-Kulturnetzwerk via Zoom zu treffen.
b. Frei bin ich, wenn ich allein bin (ohne sonstige Leute in meinem Umfeld).
c. Meine Freiheit mir selbst zu nehmen.
d. Aufkommende Spannung/Streit/Missverständnis in der Partnerschaft/Beziehung zeitnahe ansprechen und nicht mit in die Nacht bzw. den nächsten Tag nehmen.
e. Belastende Themen nicht in der Abendzeit ansprechen, um sie nicht mit in den Schlaf zu nehmen und schlecht zu schlafen/träumen (Grenzen setzen)
f. „Wahlverwandtschaften“ - sich die Freunde, Freundinnen frei aussuchen zu können.
g. Ich bin frei, wenn ich nicht alles sagen muss, was ich denke!
h. Wissen um die Möglichkeiten, Therapien, was ich für mich individuell in Krisenzeiten machen kann im Unterschied zu anderen (Krisen-Mündigkeit; Mündiger Psychiatrie-Erfahrener).
i. Frei von legalen und illegalen Drogen/Medikamenten.

2) Wie gestalten wir sie aus?

3) Was können wir tun, wenn wir in eine Krise geraten, um unsere Freiheit zu bewahren (Alternativen zum Hilfesystem)
a. Sich Leuten anvertrauen, die ich nicht gut kenne, denen ich jedoch nach innerer Eingabe, Bauchgefühl, vertraue. Auch wenn man sich nicht kennt, ist man gegenüber unvoreingenommen, denn man kennt sich ja nicht und kann sich vorurteilslos begegnen.
b. Krisenzimmer Bochum aufsuchen. Z.B. über das Wochenende Kochen, Tee kochen, Quatschen und montags zum Arzt, ambulant, statt gleich in Klinik, stationär.
c. Telefonseelsorge/ „Offenes Ohr“ (Ehrenamtlichen Projekt)
d. In die Natur gehen, in der Natur Picknicken.

4) Was machen wir, wenn wir an unsere eigenen Grenzen bei der Gestaltung unserer eigenen Freiheit stoßen? Wo, wie, wann holen wir uns Hilfe von Dritten?
a. Bei der Lobbyarbeit für Psychiatrie-Erfahrene stoße ich an die Grenzen des Gedankenaustausches, da ich auf Personen stoße, die ein festes verschwörungstheoretisches Weltbild haben. Ein Dialog ist nicht möglich. Es gibt zunächst reale Existenzängste, die in Verschwörungstheorien umschlagen und Panik wird erzeugt. Ich kapituliere vor der Argumentativen verschwörungstheoretisch Kraft und bekomme es mit der Angst zu tun.

5) Wie gehen wir mit Einflussnahme auf unsere Freiheit um?
a. Wir warten z.B. 2 Stunden, bis die Zahnbürste ausgegeben wird. Man wird angespannt, sauer, laut, wütend. Man muss jedoch nicht fremd- bzw. selbstgefährdend sein. Andere dürfen an die Luft und ich bin wie in einem „Geparden Käfig“ weggesperrt, kann mich nicht an der frischen Luft bewegen.
„Gestern war ich depressiv. Heute könnte ich jemanden umbringen!“. Abhauen, weglaufen.
b. Werde stur und bin nicht mehr ansprechbar, weil die Frage „wie kann ich Dir helfen“ nur eine Freiheitseinschränkung zur Folge hat und nicht die Hilfe, die ich suche. Probleme, die auf mich einwirken, nicht als meine annehme und zurückstoße bzw. die Probleme anderer, die meinen, ich hätte auch die Probleme, nicht als die eigenen annehmen.
c. Einschränkung aushalten, weil es für die Behandlung notwendig ist und lässt dabei die Emotionen los, spaltet die Emotionen von sich ab.
d. Menschen helfen nicht, Menschen schaden, deshalb Abstand von anderen Menschen halten.
e. Abblocken der Informationsflut zum Thema psychische Gesundheit. Die Flut vermessit den Kopf, Geist, Seele und Psyche und macht ganz blöd in der Birne („Intellektueller Burn Out“). Informationsflut schadet mehr, als sie nutzt! Wir übernehmen die Probleme, psychischen Herausforderungen der anderen als die eigenen und verlieren uns selber aus dem Blick.

6) Was machen wir, wenn wir auf die Freiheit anderer stoßen?
a. Bin ich stark aktiv, „tanze und hexe“ ich (Hexe – Räume Wohnung auf, Putzfimmel Raucherzimmer bzw. Betten beziehen). Ich frage, ob ich mit meinem „gehexe“ z.B. die Depressiven störe, wenn nicht, ist das in Ordnung (Rücksprache halten). Ein schwer Depressiver und eine sehr aktive Klientin können sich optimal wechselseitig stabilisieren: der Depressive wird belebt, die Überaktive beruhig.

7) Wo sind unsere bzw. die gesellschaftlichen Grenzen unserer Freiheit?
a. Rechtlich ist so viel geregelt, dass wir gar nicht mehr wissen, was rechtens ist, uns einen Überblick verschaffen können, wie wir uns rechtlich verhalten sollen. Um uns herum entsteht eine Atmosphäre, dass wir eigentlich nicht mehr wissen, was wir in rechtlicher Hinsicht tun und lassen müssen und wie wir uns orientieren sollen.
b. Es bedarf Regeln in der Gesellschaft. Überschaubare Gruppen bieten Vertrautheit und einen überschaubaren Rahmen an in der Gruppe wechselseitig ausgearbeiteten „Regeln“.
c. Was sind eigentlich die gesellschaftlichen Grenzen? Die Gesellschaft in Deutschland, Europa, der Welt? Wie groß ist der Freiraum, den wir uns nehmen, nehmen können, der uns als Psychiatrie-Erfahrene von der Gesellschaft eingeräumt werden?
d. Trotz des rasanten Anstiegs von Menschen mit psychischen Herausforderungen auf über 30% der Bevölkerung (ca. 25.-30 Millionen), schaffen wir Psychiatrie-Erfahrene es nicht, uns zu organisieren und einen entsprechenden Freiraum für uns in der Gesellschaft zu erstreiten. Wir werden alle vereinzelt, teils durch das ausdifferenzierte Hilfesystem (Diagnosen), statt dass wir uns als ernst zu nehmender Faktor diagnoseübergreifend bündeln könnten.
e. Durch die psychiatrische „Erkrankung“ bin ich aus der Gesellschaft gefallen, im Hilfesystem eingebunden („gefesselt“) und habe große Teile meiner Freiheit im Vergleich zu nicht Psychiatrie-Erfahrenen eingebüßt. Durch die Erkrankung bin ich dann jedoch aus der „Sozialisationszwangsjacke“, die zu meiner Psychiatrisierung führte, herausgekommen und habe neue Freiheit, meine Freiheit in der Gesellschaft gewonnen. Ich entwickelte im Hilfesystem Wut, die mich die Fesseln der vorangegangenen „Sozialisationszwangsjacke“ absprengen ließ.
f. Sagt Mensch als Psychiatrie-Erfahrener „nein“, „Ich will nicht integriert werden!“, gilt er als selbst-/fremdgefährdend bzw. nicht behandelbar/krankheitseinsichtig, schwerer Fall.

8) – Wie kann Mensch sich Freiräume in der Gesellschaft, im bzw. jenseits des Hilfesystems verschaffen?
a. Eigene Freiräume schaffen (Verein, Selbsthilfegruppe, Stammtische, Zoom-Chat-Gruppe gründen). In diesem Freiraum, Schutzraum, gegenüber dem sozialen Umfeld, können wir uns unsere Gesprächspartner*innen frei auswählen, die uns guttun und mit denen wir dieselben bzw. vergleichbare Fragestellungen haben und ähnliche Erfahrungswelten teilen (geschützter Rahmen/ Schutzraum, „Bunker“). Freiräume in denen wir so genommen werden, wie wir sind. Ohne Vorurteile etc... Ohne Kliniken.
b. Wut Raum einrichten (Boxsack etc.).

BPE-Kulturnetzwerk, 17.04.2023: Freiheit
- Protokollant; Yorck Deutschler, Hannover


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